

Ängste schüren, Hysterie verbreiten, Hass formen
Illusiones perdues / Verlorene Illusionen
Von Gerhard Mersmann | Forum-M7.com
Benito Mussolini (* 29. Juli 1883 in Dovia di Predappio, Provinz Forlì; † 28. April 1945 in Giulino di Mezzegra, Provinz Como) schrieb in einem seiner internen Briefe an die faschistische Bewegung, dass es darauf ankomme, in den Massen zunächst die Angst zu schüren. Immer und überall. Mit einem klaren Feindbild. Wenn die Angst übergeht zur Hysterie, dann, so spekulierte er richtig, sei die Stunde gekommen, um aus ihr den Hass zu formen.
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Wir wissen heute, welche Stunde er meinte. Wenn ich mir die aktuelle Entwicklung ansehe, dann sind wir kurz vor dem Scheitelpunkt, an dem aus Angst Hass wird. In Konturen ist das bereits zu identifizieren. Wie verhängnisvoll das wirken kann, ist zu beobachten. Wenn sich der aufkommende Hass sowohl gegen vermeintlich äußere wie innere Feinde richten kann. Die doppelte Zielrichtung spricht für die Potenz der Selbstzerstörung.
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Deshalb scheint es richtig zu sein, zunächst alles zu tun, um der Saat der Angst den Boden zu entziehen und die Feindbilder zu zerstören. Das erfordert sehr viel Kraft. Vor allem, weil alle Fraktionen der Destruktion es nicht gerne sehen, wenn man sich an die Basis ihrer Existenz macht.
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Die Lektion hat anscheinend in Deutschland nichts gefruchtet. Die Angst ist ein Massenphänomen und der Hass nistet sich in allen politischen Lagern ein. ‒ Illusiones perdues.
Gerhard Mersmann
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»Verbale Gewalt, Hass und Menschenverachtung im Netz lassen sich mit keiner Re-Set-Taste
aus der Welt schaffen. Es geht um die menschliche Würde im digitalen Zeitalter.
Auch wenn im digitalen Medium das reale Gegenüber, die Beziehung von Angesicht zu Angesicht
verschwunden und die Sprache zum automatisierten Code verkommen ist, so gilt auch hier:
Die Verletzung der Würde des anderen bedeutet immer auch zugleich Verletzung der eigenen Würde.
Geht die Würde des Menschen als ethischer Maßstab verloren, dann verkommt der moderne
„Homo Digitalis“ zum beliebig manipulierbaren Datensatz, zur tragischen Figur, die auf der Suche
nach Glück über laufend stimulierte Konsumeuphorie nicht hinauskommt, die sich nach Einssein,
nach Liebe sehnt und sich mit der Sammlung von „Friends“ und „Likes“begnügen muss.
Kritisches Urteilsvermögen ist eine Leistung der Vernunft – es beruht auf Argumenten.
Urteilssimulation hingegen ist Ausdruck des Konformismus, bedarf keiner Argumente,
sondern stützt sich auf mainstreamfähige Meinungen. Augenscheinlichster Ausdruck
dieses Konformismus sind die Empörungswellen. – Sie verbreiten sich in den sozialen
Netzwerken zwar durch hohe Aufmerksamkeit sind aber flüchtig.
Empörungswellen sind gerade nicht Ausdruck politischer Partizipation, sondern psychischer
Kompensation: Dem Wutbürger geht es nicht um die Sorge um die Gesellschaft, sondern um
die Sorge um sich, um seinen wirtschaftl. und sozialen Status, um diffuse Verlust- u. Zukunftsängste.
Der Hass, der sich aus verborgenen, sozio-psychischen Quellen speist, sucht sich ein äußeres Objekt,
auf das er projiziert werden kann. Die sozialen Medien eignen sich hervorragend als Projektionsfläche
für diesen Hass und sie heizen zugleich das soziale Klima auf, in dem sich Wut und Hass
wie ein Flächenbrand epidemisch ausbreiten können.«
(Uni-Prof. i.R. Dr. Maximilian Gottschlich, Wien)
»Bei jedem Kommentar, den wir schreiben, bei jedem Text, den wir veröffentlichen,
können wir entscheiden, wie, warum und mit welchen Mitteln wir welches Territorium verteidigen wollen,
welche Verletzungen wir dabei in Kauf nehmen und was wir dadurch gewinnen – oder verlieren.«
(Martina Süess, Wien)
Gerhard Mersmann, Dr. phil., (Jahrgang 1956), gebürtiger Westfale, ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen.
Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Publizistische Aktivitäten durchziehen seine gesamte Biographie. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse sind auf seinem persönlichen Blog M7 regelmäßig nachzulesen. >> https://form-7.com/ .
► Quelle: Dieser Beitrag wurde am 02. Juli 2025 erstveröffentlicht auf https://form-7.com/ >> Artikel. Eigentümer, Herausgeber und für den Inhalt verantwortlich ist Gerhard Mersmann.
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► Bild- und Grafikquellen:
1. „Eines Tages klopfte die Angst an die Tür. Der Mut stand auf und öffnete. Aber da war niemand draußen.“ Johann Wolfgang von Goethe (* 1749; † 1832 in Weimar).
Portrait Johann Wolfgang von Goethe. Radierung/Strichätzung & Kaltnadel auf Kupferdruckpapier, um 1920. 23,4 x 32,3 cm. Künstler: Karl Bauer (1868-1942). Quelle: Wikimedia Commons. Der Urheber dieses Werks ist 1942 gestorben; es ist daher gemeinfrei („frei von Urheberrechten“), weil seine urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für das Herkunftsland des Werks und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 80 oder weniger Jahren nach dem Tod des Urhebers. Der Text wirde von Helmut Schnug in das Bild eingearbeitet.
2. Schultafel: Know your enemy - Kenne Deinen Feind. Der tatsächliche Feind ist näher, als es aus allen Kanälen suggeriert wird. So hat das von den Herrschaftseliten & Cliquen zusammengeschusterte neoliberale, menschenverachtende, antidemokratische, die Völker gegeneinander aufwiegelnde Projekt namens Europäische Union die Ukraine-Krise in erheblichem Umfang mitzuverantworten. Foto: geralt / Gerd Altmann, Freiburg. Quelle OHNE Zusatztext: Pixabay. Alle Pixabay-Inhalte dürfen kostenlos für kommerzielle und nicht-kommerzielle Anwendungen, genutzt werden - gedruckt und digital. Eine Genehmigung muß weder vom Bildautor noch von Pixabay eingeholt werden. Auch eine Quellenangabe ist nicht erforderlich. Pixabay-Inhalte dürfen verändert werden. Pixabay Lizenz. >> Foto. Zusätzliche Textzeile von Helmut Schnug eingebaut.
3. HATE - HASS. Hass und Hetze sind in aller Regel nicht Eigenschaften bzw. Verhaltensweisen von Einzelpersonen! Hass ist eine gruppenspezifische Emotion, Hetze eine gruppenspezifische Kommunikationsform. Hass richtet sich gegen den eigentlichen oder vermeintlichen Gegner. Hetze richtet sich an Gleichgesinnte, um den eigenen Hass auf sie zu übertragen, oder an Unentschlossene, um das mögliche Aufkommen von Sympathien für den gehassten Gegner möglichst vollständig zu verhindern.
Damit eröffnet sich eine Unterscheidung in einen „primären Hass“, der als direkte Reaktion auf ein „Ereignis“ in den Betroffenen entsteht, und in einen „sekundären Hass“, der über kommunikative Wege übertragen wird und sowohl Mitbetroffene, wie auch potentiell Gefährdete, aber auch reine Sympathisanten ohne eigenen Anlass, motivieren soll, die Aktivitäten des Gegners, bzw. der gegnerischen Gruppe zu stören, am besten gänzlich zu verhindern.
• Der primäre, persönliche Hass verhält sich zum sekundären, kollektiven Hass wie ein Dachstuhlbrand zum Flammenmeer eines großen Stadtbrandes. Der persönliche Hass bezieht sich auf ganz konkrete Personen und deren ganz konkrete Handlungen. Er ist ein Ergebnis einer höchst differenzierten Betrachtung, bei der am Ende ein Tropfen das Fass zum Überlaufen bringt.
• Der kollektive Hass bezieht sich zumeist auf ein einziges Merkmal, welches, wo es bei Einzelpersonen oder Gruppen oder ganzen Gesellschaften angetroffen wird, den anlasslosen Hassreflex auslöst. Der kollektive Hass differenziert nicht zwischen dem Gegner, der mit der Waffe in der Hand bereit ist, zu morden, und dem leise mahnenden Kritiker, der dazu aufruft, die Situation differenzierter zu betrachten. Wer dem kollektiven Hass in seiner unbändigen Ausbreitung störend im Wege steht, muss ein Agent des Feindes sein und wie dieser bekämpft werden.
Illustration: dinokfwong / Dino KF Wong, Singapore (user_id:664511). Quelle: Pixabay. Alle Pixabay-Inhalte dürfen kostenlos für kommerzielle und nicht-kommerzielle Anwendungen, genutzt werden - gedruckt und digital. Eine Genehmigung muß weder vom Bildautor noch von Pixabay eingeholt werden. Auch eine Quellenangabe ist nicht erforderlich. Pixabay-Inhalte dürfen verändert werden. Pixabay Lizenz. >> Illustration.
4. Hassverzerrtes Gesicht eines Mannes: Hass und Hetze sind in aller Regel nicht Eigenschaften bzw. Verhaltensweisen von Einzelpersonen! Hass ist eine gruppenspezifische Emotion, Hetze eine gruppenspezifische Kommunikationsform. Hass richtet sich gegen den eigentlichen oder vermeintlichen Gegner. Hetze richtet sich an Gleichgesinnte, um den eigenen Hass auf sie zu übertragen, oder an Unentschlossene, um das mögliche Aufkommen von Sympathien für den gehassten Gegner möglichst vollständig zu verhindern.
Foto: Sammy-Sander / Sam Williams, Italy. Quelle: Pixabay. Alle Pixabay-Inhalte dürfen kostenlos für kommerzielle und nicht-kommerzielle Anwendungen, genutzt werden - gedruckt und digital. Eine Genehmigung muß weder vom Bildautor noch von Pixabay eingeholt werden. Auch eine Quellenangabe ist nicht erforderlich. Pixabay-Inhalte dürfen verändert werden. Pixabay Lizenz. >> Foto.